Alfredo Barsuglia
DAS WUNDER
Eröffnung, Freitag 29.05.2020, 17:00 – 22:00 Uhr,
Ausstellung bis 01.07.2020
DAS WUNDER
In den ersten Tagen des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie, wo nur jene Personen ihr Zuhause verlassen durften, die einen systemrelevanten Beruf ausübten oder Lebensmittel einkaufen mussten, war der Straßenverkehr fast komplett eingestellt. Nur wenige fahrende Autos waren zu sehen. Diese verkehrsberuhigte Zeit veranlasste Alfredo Barsuglia über Mobilität und ihre Auswirkungen nachzudenken und das Projekt Das Wunder zu konzipieren.
Autos stehen für Mobilität, Freiheit und sozialen Status, aber auch für Luftverschmutzung, Lärm und Gefahr.
Das Wunder ist eine Skulptur, die aus zwei an den Bodenplatten miteinander verbundenen Personenkraftwagen besteht und auf einem Straßenparkplatz im 18. Wiener Gemeindebezirk situiert ist. Wie ein kopulierendes Liebespaar liegen die Fahrzeuge unterschiedlicher Marken mit gleichem Radstand aufeinander. Da von einem Fahrzeug die Räder abmontiert werden, scheinen die Fahrzeuge miteinander zu verschmelzen. Die Fahrzeuge haben ausländische Kennzeichen, was in Zeiten der Pandemie, wo Staatsgrenzübergänge geschlossen sind/waren, die Einheit Europas pointiert in Frage stellt/e.
Die Skulptur Das Wunder steht für mich als Sinnbild für den Stillstand von Mensch und Wirtschaft gleichermaßen. Obwohl die Fahrzeuge augenscheinlich funktionstüchtig sind, sind sie nicht zu gebrauchen, sind außer Kraft gesetzt, eine Reminiszenz. Im Lockdown ist/war zwar weiterhin alles vorhanden und greifbar, aber nicht verfügbar: Schauspiel- und Opernhäuser, Spielplätze und Sportstätten, Schulen und Heime, Nachbarn und Freunde.
Die Welt steht/stand Kopf, Sinn und Unsinn, Vertrauen und Misstrauen, Sicherheit und Verunsicherung sind/waren nicht mehr zu unterscheiden.
Dem Titel der Arbeit Das Wunder liegt eine persönliche Geschichte des Künstlers zugrunde, dem vor 20 Jahren ein alter Mann erzählte, dass er, wenn er einen Parkplatz suchte, an den letzten österreichischen Kaiser, Karl I, dachte, um daraufhin einen Parkplatz zu finden. Der Mann meinte, Kaiser Karl sei der Schutzpatron der Parkplatzsuchenden und sollte dafür heiliggesprochen werden. Bis dato fehlte aber das überzeugende Wunder. 2004 wurde Kaiser Karl wegen einer von ihren Krampfadern genesenen brasilianischen Nonne seliggesprochen...
Der Bruch mit Erwartungshaltungen ist ein zentrales Moment in Alfredo Barsuglias Arbeit, um Situationen und Gegebenheiten aus einem neuen Blickwinkel betrachten und hinterfragen zu können.
Barsuglia hinterfragt in seinen multimedialen Arbeiten gesellschaftspolitisch relevante Themen. Die für den Künstler dabei zentrale Fragestellung ist, wie man mittels Kunst gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Wertvorstellungen reflektieren und hinterfragen kann. Seine künstlerisch stringenten Konzepte, die er mittels Performance, Malerei, Skulptur, Video und Fotografie umsetzt, charakterisieren sich durch ein narratives Gedankenkonstrukt von Scheinwelten und -szenarien.